Das Fischsterben am Kleinen Jasmunder Bodden ist mehr als drei Monate her (wir berichteten), aber die Ursachen sind immer noch nicht ganz klar. Nun hat der WWF in einem Blogbeitrag vom 6. April 2022 eine Erklärung für das Fischsterben geliefert. Die Vermutung: Ein Zusammenspiel von Faktoren habe zu einem toxischen Sauerstoffmangel und einer im Dezember kritisch gewordenen Stickstoffkonzentration geführt.
Was ist passiert?
Ende Dezember letzten Jahres kam es im Kleinen Jasmunder Bodden zu einem Massenfischsterben, bei dem rund 30 Tonnen tote Fische an Land gespült wurden. Die Behörden wurden alarmiert und begannen mit den Ermittlungen, konnten aber auf den ersten Blick keine eindeutige Ursache wie starke Wasserverschmutzung oder Fischkrankheiten feststellen. Am 19. Januar 2022 galt das Fischsterben jedoch als beendet. Die Ermittlung der Ursache hatte jedoch noch keine Ergebnisse erbracht, die ein Fischsterben in diesem Ausmaß erklären würden.
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auf der Suche nach der Ursache
WWF-Umweltschützer hatten bereits im Januar eine zu hohe Ammonium- und Nitritkonzentration im Wasser als Ursache für das Fischsterben vermutet. Und tatsächlich stimmt der ökologische Zustand des Boddens mit dem überein Wasserrahmenrichtlinien als „mangelhaft“ (Zustandsklasse 5) eingestuft“, wie das Umweltministerium mitteilte. So sei das Gewässer durch „jahrzehntelang unzureichend gereinigte kommunale Abwassereinleitungen aus DDR-Zeiten belastet. Die Verschmutzung, insbesondere mit Nährstoffen aus der Landwirtschaft, dauere an.“ Allerdings erklärte das Umweltministerium im Februar, „es gebe keinen Zusammenhang mit der Tötung von Fisch“, so ein Ministeriumssprecher.
Andere Labortests haben das Vorhandensein einer potenziell toxischen Substanz gezeigt: ein Phenol, das bei der Baumfäule entsteht, aber auch in der Industrie verwendet wird. Obwohl der Stoff selbst wasserunlöslich ist, gilt er als wassergefährdend. Allerdings wurde Phenol „in einer Konzentration gefunden, die nur etwa ein Tausendstel der für Fische giftigen Menge beträgt“, erklärt der stellvertretende Bürgermeister der Gemeinde Lietzow, Torsten Schulze. Darüber hinaus deuten laut Umweltministerium gute Messwerte der Kläranlage Bergen darauf hin, dass Phenol nicht in relevanten Mengen vorhanden war. Denn der Stoff würde in den biochemischen Prozessen der Kläranlage einen Zusammenbruch bewirken, was den Messungen zufolge nicht der Fall ist.
Eine offizielle Klärung der Ursache liegt derzeit nicht vor.
WWF erklärt Erklärung für Fischsterben
Trotz der Einschätzungen des Umweltministeriums vom Februar geht der Biologe Florian Hoffmann vom WWF davon aus, dass die schlechte Wasserqualität die Ursache für das Fischsterben war. Laut seinem Blogbeitrag gibt es im Bodden aufgrund der Bäche, die Süßwasser in den Bodden speisen, nur einen sehr geringen Wasseraustausch und einen begrenzten Austausch von Salzwasser durch den abschließbaren Bahndamm. Der Stickstoffeintrag aus Landwirtschaft und industriellen und kommunalen Abwässern führt daher zu einer starken Stickstoffanreicherung.
Ein Gewässer mit einem hohen Nährstoffgehalt wird als eutroph bezeichnet. Hoher Nährstoffgehalt bedeutet starkes Biomassewachstum wie Algen und damit ein hohes Nahrungsangebot für viele Tiere. Was zunächst nicht schlecht klingt, kann in nahezu stehenden Gewässern wie dem Bodden schnell zu katastrophalen Folgen führen. Denn wenn Organismen sterben, zerfallen sie in natürlichen chemischen und biologischen Prozessen. Das braucht unter anderem Sauerstoff, Sauerstoff, den Fische noch atmen. Daher kommt es „bei dieser schlechten ökologischen Situation (…) zu einem sehr schnellen lokalen Sauerstoffmangel“, erklärt Hoffmann.
Neben dem Sauerstoffmangel kann eine erhöhte Zufuhr von Nährstoffen zu einem ständigen Anstieg der Nitrit- oder Ammoniumkonzentration führen. „Irgendwann wird eine Schwellenkonzentration erreicht, die neben Sauerstoffmangel und anderen Faktoren eine toxische Wirkung auf die Fische hat. Es gibt ein akutes Fischsterben“, folgert der Biologe.
Wird die Sauerstoffversorgung verbessert, könnten die problematischen Konzentrationen schnell oxidiert werden, sodass die Grenzwerte nicht mehr überschritten werden.
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„Es gibt zu viel zu tun“
Der Umweltminister Mecklenburg-Vorpommerns, Dr. Till Backhaus, hat sich klar für Maßnahmen zur Verbesserung der ökologischen Situation am Bodden ausgesprochen. „Es gibt viel zu tun, um den kleinen Jasmunder Bodden wieder auf die Beine zu bringen, und wir werden viel tun“, sagte der Minister laut einer Pressemitteilung vom März.
WWF-Ökologen haben eine Reihe von Maßnahmen vorgestellt, um dem kleinen Jasmunder Bodden zu helfen und ein weiteres Fischsterben zu verhindern. Umweltschützer raten unter anderem zu intensiven und regelmäßigen Kontrollen von Kläranlagen und Wasseranalysen im und um den Bodden.
Aber der wohl wichtigste Schritt wäre, den Kleinen mit dem großen Jasmunder Bodden zu verbinden. Allerdings hatte das Ministerium bereits 2014 in einer Machbarkeitsstudie hohe Kosten identifiziert. Auch Torsten Schulze sieht dieses Vorhaben als äußerst schwierig an, da der Damm abgerissen und neu aufgebaut werden müsste. Der Bergener Damm ist die Hauptverbindung zwischen der Insel Rügen und dem Festland für den Straßen- und Schienenverkehr.
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Quelle: www.blinker.de