Varnkevitz/Rügen. Fischen, jagen, schlachten, selber Wurst machen – Meinhard Nehmer hat viele rege Hobbys. Er hatte seinen Besitz in Varnkevitz, einem Putgartener Stadtteil rund fünf Kilometer von Kap Arkona entfernt, um mehrere Hektar verkleinert. „Ich bin immer beschäftigt, damit ich fit bleibe“, sagte der dreimalige Bob-Olympiasieger vor seinem 80. Geburtstag am Mittwoch. So bleibt außer dem Anstoßen mit Kindern und Enkeln kaum Zeit zum Feiern.
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Besuch von Raimund Bethge
Der gelernte Landwirt, gelernte Meteorologietechniker, Landmaschinentechniker und Fregattenkapitän der Volksmarine war schon immer ein geselliger Zeitgenosse. Daher ist der Verlust seiner geliebten Frau Renate vor drei Jahren sehr schmerzlich. „Es ist nicht schön, allein zu sein“, sagte er leise. Ein Besuch von seinem alten Freund und Bremser Raimund Bethge ist immer ermutigend.
Der ehemalige Cheftrainer des Deutschen Bobsports ist oft auf der Insel Rügen anzutreffen. Nehmer war nicht nur als Fahrer eine wichtige Anlaufstelle für Bethge. „Seine Persönlichkeit, sein ruhiges Auftreten und seine Ausstrahlung machen ihn so wertvoll“, sagte Bethge, der 1977 Bremser-Weltmeister mit Trinker wurde. Er war auch der Empfänger, der Bethge jeden Tag nach seinem schweren Unfall auf der Bobbahn in Cesana anrief Ende 2005 und gab ihm die Kraft zur Genesung.
Das DDR-Team Bernhard Germeshausen (lr), Hans-Jürgen Gerhardt, Bogdan Musiol und Meinhard Nehmer feiern den Sieg im Viererbob-Wettbewerb bei den Olympischen Winterspielen 1980 in Lake Placid.
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Nehmer war der absolute Ausnahmepilot im Eiskanal. „Ich bin der einzige Weltklasse-Mann, der bei einem Viererbob-Wettkampf nie gestürzt ist, und das ist auch heute noch so“, sagt der ehemalige Speerwerfer stolz. Nur einmal lag er mit dem kleinen Schlitten am Königssee auf der Seite: „Da habe ich etwas gekostet“, sagte er schmunzelnd: „Ausgerechnet Raimund hat es gespürt.“
Heute ein bisschen Aufregung
Seinen ersten sportlichen Moment hatte Nehmer 1976 in Innsbruck. Als Fahnenträger habe er zunächst „unglaubliche Gänsehaut“ verspürt, dann den ersten Olympiasieg für einen DDR-Bob geholt. Stunden später war er im Viererbob besser. 1980 schrieb Nehmer dann Bob-Geschichte in Lake Placid: Auf der damals schon berüchtigten Bahn am Mount van Hoevenberg durchbrach er als erster Fahrer das Minutenlimit und gewann sein drittes olympisches Gold. „Alle Experten haben gesagt: Das geht nicht. Ich habe es ihnen gezeigt, die 50.000 Leute auf der Strecke sind ausgeflippt. Deshalb werde ich in den USA auch heute noch als Held verehrt. Bei den Amerikanern muss es einfach total rauchen“, erinnerte sich Nehmer.
Heute aber „ist die Spannung im Bob etwas abgefallen. Auch weil es keine wirklich starke Konkurrenz aus Italien, Österreich und der Schweiz gibt“, betonte Nehmer, der nach der Wende zunächst in Italien und dann in den USA tätig war. Die Amerikaner gewannen 1993 mit Brian Shimer dank Takehmer ihre erste WM-Medaille seit 24 Jahren. Unter Bethges Führung kehrte er dann als Athletiktrainer zum deutschen Verband zurück: „Er konnte die Bahn lesen wie kein anderer“, erinnerte sich der heutige Cheftrainer Rene Spies.
Meinhard Nehmers goldener Bob von den Olympischen Spielen 1980 in Lake Placid war zeitweise im Leipziger Forum für Zeitgeschichte ausgestellt.
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Mitglied der „Hall of Fame“
Schon damals hatte der junge Francesco Friedrich auf sich aufmerksam gemacht. „Wahnsinn, was er am Start drauf hat“, lobte Nehmer den Rekordweltmeister und räumte ein: „Wir waren nie die Schnellsten am Start.“ „Ich hatte 15 Jahre lang einen DKW F9, an dem ich in der Werkstatt fast alles selbst gemacht habe.“
Für Wolfgang Hoppe, der 1984 in Sarajewo das olympische Double holte, „ist Meinhard der markanteste Punkt in der Geschichte des deutschen Bobsports. Ohne ihre Erfolge wäre die Entwicklung nicht so verlaufen.“ 2016 wurde Nehmer für seine Verdienste in die Hall of Fame des Deutschen Sports aufgenommen.
Quelle: www.sportbuzzer.de