Almere (dpa) – Oben schwebt die Gondel, unten ein bunter Blumengarten, durchzogen von Kanälen und Wegen. Tulpen und Narzissen sind kleine Farbtupfer in der grünen Idylle. Die verwunschenen Inseln scheinen auf dem Wasser zu schweben.
Die Skyline von Almere erhebt sich stolz über den See. Die niederländische Stadt östlich von Amsterdam ist Schauplatz der internationalen Gartenbauausstellung Floriade Expo 2022.
Das letzte Puzzleteil
Bei herrlichem Frühlingswetter eröffnete König Willem-Alexander am Mittwoch die Expo; das letzte Puzzleteil symbolisch in eine lebendige Karte des Geländes einpflanzte. Die Organisatoren atmeten erleichtert auf. Organisatorische und vor allem finanzielle Rückschläge hatten die Expo im Vorfeld geplagt.
Die Floriade findet alle zehn Jahre in den Niederlanden statt, immer an einem anderen Ort. Das diesjährige Thema lautet: „Growing Green Cities“. Wie können sie angesichts des Klimawandels lebenswerter, grüner und nachhaltiger werden?
Dafür gibt es kaum einen besseren Ort als Almere. Denn die jüngste Stadt des Landes ist auch ein Symbol des niederländischen Kampfes gegen das Wasser. Almere wurde vor etwa 50 Jahren auf einem Polder erbaut, Land, das dem Wasser abgerungen wurde. Hier war einst die Zuiderzee, eine südliche Ausbuchtung der Nordsee. Es wurde Anfang des 20. Jahrhunderts geleert.
„Wir sind hier fünf Meter unter dem Meeresspiegel“, sagt Paul Meekel, ein Stadtführer von Almere. Doch kaum jemand macht sich Sorgen um die drohenden Überschwemmungen als Folge des Klimawandels. „Nein, wir sind das gewohnt, wir leben mit dem Wasser“, sagt der 62-Jährige. Und schließlich sind da die Kanäle, die Pumpen, die Mühlen. „Sie sorgen dafür, dass unsere Füße trocken bleiben.“
Auf den Klimawandel vorbereitet
Die Niederlande brauchen mehr als Pumpen und Dämme. Grüne und klimaresistente Städte sind für das Überleben des Landes notwendig. Etwa 60 Prozent der Fläche sind von Überschwemmungen und heftigen Stürmen bedroht. Almere ist bereits als grüne Stadt konzipiert, bereitet sich aber jetzt auch mit zusätzlichen Maßnahmen auf den Klimawandel vor. Dies ist auch auf dem Gelände der Floriade am Ufer des Lake Weerwater zu sehen, direkt gegenüber der Stadt. Hier soll der Stadtteil „Hortus“ – Garten – entstehen.
„Wir bauen eine neue Stadt“, sagt Niek Roozen, der Landschaftsarchitekt der Expo. Und es wird nachhaltig sein. Mit Auffangbecken zum Beispiel für Regenwasser und breiten Wegen, durch die das Wasser schnell sickert. Das Universitätsgebäude hat eine grüne und lebendige Fassade – natürliche Klimatisierung. „Auch die gesamte Infrastruktur für das Wohngebiet bleibt erhalten“, sagt der Architekt.
Basis der Floriade ist das Arboretum, eine Art Pflanzenbibliothek. Das gesamte 60 Hektar große Gelände wurde in Quadrate aufgeteilt und alphabetisch nach den botanischen Namen der Bäume und Sträucher bepflanzt: 2.600 Bäume, 80.000 Sträucher, eine Million Zwiebeln. Alle Bäume und Pflanzen stammen von Züchtern aus der Region und jede hat einen besonderen Nutzen: Sie verbessert die Luftqualität, senkt die Temperaturen, trägt zur Biodiversität bei oder liefert Vögeln Baumaterial für ihre Nester.
Ideen für den Klimaschutz
Junge Designer schufen ihre idealen Gärten, einschließlich Selfie-Spots für Besucher. Bäume an alten Bojen schwimmen auf dem Wasser – ein künstlicher Wald. In der Mitte befindet sich eine Mini-Kirche, die sich mit der Sonne dreht und so ihre Energie optimal sammelt.
Hunderte Aussteller zeigen Drohnen für den Gartenbau, Ideen für den Klimaschutz auf dem Balkon und interessante neue Materialien. Zum Beispiel Flugzeugsitze aus Paprikastielen oder ein Haus aus Plastikmüll.
Aber die Expo ist auch eine Reise durch die Gärten der Welt. Rund 30 Länder haben einen eigenen Pavillon aufgebaut. Katar zeigt zum Beispiel, wie Wüsten grün werden können. Das Gastland Holland zeigt, wie man mit Bio-Produkten nachhaltig und klimafreundlich baut. China pflegt einen Bambusgarten. Der italienische Pavillon bietet einen mediterranen Stil.
Der deutsche Garten „Biotopia“ erregt Aufmerksamkeit. Der Pavillon besteht aus Holzwürfeln und wird sich im Laufe der Ausstellung verändern. Denn auch die Fassaden wurden bepflanzt. Auf dem Dach wachsen Obst und Gemüse. Im Garten gedeihen insektenfreundliche Pflanzen und dort lebt ein Bienenvolk.
Der Name Biotopia ist Programm, sagt Tetyana Osevych, Projektleiterin. Große und kleine Besucher können das Biotop zur Utopie gestalten. Sie können mit einem intelligenten Armband durch den Pavillon und den Garten laufen und ihre ideale Stadt bauen. „Eine märchenhafte Utopie“, sagt Osevych.
Quelle: www.t-online.de