Hohe Energiepreise, weltweite Lieferengpässe und höhere Kosten durch Corona-Maßnahmen lassen vielerorts die Verbraucherpreise in die Höhe schnellen und verunsichern die Verbraucher. Angesichts der höheren Inflation werden hier und da Rufe nach einem endlichen Eingreifen des Staates laut. Sie soll beispielsweise Preiserhöhungen untersagen oder Preise festsetzen. Staatliche Preiskontrollen klingen auf den ersten Blick nach einem einfachen und effektiven Mittel, um Preissteigerungen zu verhindern. Die Frage ist allerdings, ob der Staat überhaupt der richtige Akteur ist, um das Symptom der übermäßigen Inflation zu bekämpfen.
Grundsätzlich gilt, was alle Wirtschaftsstudenten im ersten Semester lernen: Bei perfektem Wettbewerb können Firmen ihre Preise nicht willkürlich erhöhen, sonst verdrängt sie die Konkurrenz. Sie sind „Preisnehmer“ und der Preis ihrer Waren und Dienstleistungen spiegelt ihre (Grenz-)Produktionskosten wider. Daher reduziert eine Preisregulierung durch den Staat das Angebot, wenn die Einnahmen die Produktionskosten nicht mehr decken. Die Folge sind leere Regale und ein unregulierter Schwarzmarkt mit sehr hohen Preisen. Das wird vielen bekannt vorkommen, denn beides war in einem Teil Deutschlands bis 1990 bittere Realität selten tun?
Ist der Staat überhaupt der richtige Akteur, um das Symptom übermäßiger Inflation zu bekämpfen?
Dennoch lohnt es sich, sich den Vorschlag genauer anzuschauen und nicht gleich die Kennenlernkeule zu zücken. Ein Argument der Befürworter der Preisregulierung ist, dass nicht in allen Wirtschaftsbereichen vollkommener Wettbewerb herrscht. In Märkten, in denen es nur einen großen Anbieter oder wenige große Anbieter gibt, können Unternehmen große Gewinne erzielen, indem sie ihre Marktmacht oder Monopolstellung ausnutzen und Preise über ihren (Grenz-)Kosten verlangen. Diese Situation besteht beispielsweise im Energiesektor, der als einer der Haupttreiber des aktuellen Inflationsanstiegs gilt.
Ein weiteres Argument der Befürworter einer staatlichen Preisregulierung ist, dass sie die in den letzten Monaten infolge der Corona-Pandemie zu beobachtenden starken Preisschwankungen für wichtige Baustoffe und Vorprodukte für die industrielle Produktion dämpfe, die sich stark bemerkbar gemacht hätten . Auswirkungen auf die Beteiligten. Preisbindungen sind daher besonders attraktiv für wichtige Rohstoffe, deren Preise auf den internationalen Märkten stark schwanken. Das erhöhe die Planungssicherheit für Haushalte und Produzenten, heißt es.
Befürworter einer staatlichen Preisregulierung argumentieren, dass dies die starke Preisvolatilität verringern wird, die während der Pandemie für Baumaterialien und wichtige Inputs für die industrielle Produktion zu beobachten war.
Allerdings gibt es gute Einwände gegen staatliche Preiskontrollen. Einerseits ist es schwierig, das „richtige“ Niveau der externen Preise zu bestimmen. Hier besteht ein hohes Risiko, Fehler zu machen, was langfristig zu einem geringeren Angebot und sogar höheren Preisen führt. Zudem stellt sich die Frage, welche Waren und Dienstleistungen letztlich der Preiskontrolle unterliegen sollen. Eine solche Entschlossenheit auf politischer Ebene öffnet Korruption und Lobbyismus Tür und Tor. Und auch die Frage, ob staatliche Preiskorrekturen gesetzeskonform sind, dürfte den Einsatz erschweren. Mit dem Berliner Mietendeckel wurde kürzlich in Deutschland eine Preisbindung eingeführt, die später vom Bundesverfassungsgericht als rechtswidrig aufgehoben wurde.
Auch auf dem Energiemarkt könnten Preiskontrollen sehr schwierig anzuwenden sein. Die Energiepreise werden auf dem Weltmarkt bestimmt, auf den die EU und die nationalen Behörden wenig Einfluss haben. Bekäme Gazprom einen Festpreis, würde das Unternehmen einfach aufhören, Erdgas in Deutschland anzubieten.
Und selbst wenn Preiskontrollen mit den besten Absichten eingeführt werden, riskieren sie, Wachstum und Fortschritt zu ersticken. Einer der Gründe dafür ist, dass Preisregulierungen den Konsum von nicht subventionierten Gütern zu subventionierten Gütern verlagern. Darüber hinaus können Preisobergrenzen die Gewinnspannen der Erzeuger verringern, Investitionen und unternehmerische Aktivitäten abschrecken und sich negativ auf Beschäftigung und Produktivitätswachstum auswirken.
Mit dem Berliner Mietendeckel wurde kürzlich in Deutschland eine Preisbindung eingeführt, die später vom Bundesverfassungsgericht als rechtswidrig aufgehoben wurde.
Nehmen wir wieder das Beispiel des Berliner Mietendeckels. Ab Januar 2020 durften Wohnungseigentümer von neuen Mietern nur noch maximal 9,80 Euro pro Quadratmeter verlangen. Der Standort spielte keine Rolle, nur das Baujahr und die Ausstattung zählten. Ausgenommen waren lediglich Neubauten aus dem Jahr 2014. Was zunächst nach einer guten Nachricht für Mieter klang, entpuppte sich als Desaster. Während die Nachfrage nach sanierten Altbauwohnungen aufgrund attraktiverer Mieten im Vergleich zu Neubauwohnungen stieg, ging das Angebot zurück, da Eigentümer ihre Wohnungen aufgrund geringerer Renditen verkauften oder Investoren nicht mehr in die Sanierung maroder Altbauwohnungen investierten. Gleichzeitig sind die Mieten für Neubauwohnungen in die Höhe geschossen und für Familien mit normalem Einkommen kaum noch erschwinglich. Die Wohnungsnot auf dem Berliner Mietmarkt wurde also durch Preiskontrollen eher verschärft als behoben.
Preisänderungen können in einzelnen Branchen aber auch ganz andere Ursachen haben: wenn sich beispielsweise Produktionsprozesse oder die weltweite Nachfrage aufgrund von demografischen Entwicklungen und Entwicklungspolitiken ändern. So wird beispielsweise der stark wachsende Elektroautomarkt, der auch ein politischer Wunsch ist, die Nachfrage nach Kupfer und Lithium in den kommenden Jahren weiter antreiben. Diese Änderungen wirken sich auch auf die Preise aus. Damit sich diese jedoch anpassen können, dürfen sie nicht reguliert werden.
Selbst wenn Preiskontrollen mit den besten Absichten eingeführt werden, riskieren sie, Wachstum und Fortschritt zu ersticken.
Wenn Regierungen also mit Preiskontrollen eingreifen, um die Inflation einzudämmen, könnten sie genau das Gegenteil von dem tun, was sie wollen, und der Wirtschaft in vielerlei Hinsicht schaden. Stattdessen sollten sich andere Institutionen den Herausforderungen stellen. An vorderster Front steht einerseits die Europäische Zentralbank (EZB), deren Hauptziel die Preisstabilität ist. Die Zentralbank unter Präsidentin Christine Lagarde darf die Inflationserwartungen nicht außer Kontrolle geraten lassen. Die größte Gefahr besteht derzeit darin, dass steigende Inflationserwartungen die Inflation in die Höhe treiben könnten. Neben einer transparenten Kommunikation mit der Öffentlichkeit muss sich die EZB auch auf einen schnelleren und restriktiveren Kurswechsel ihrer Geldpolitik einstellen, sollte dieser in den kommenden Monaten notwendig werden. Allein die Tatsache, dass die EZB ihre Vorbereitungen transparent kommuniziert, sollte das Vertrauen in die EZB als Hüterin der Preisstabilität stärken und die Inflationserwartungen am Inflationsziel von zwei Prozent festmachen.
Um gegen Marktmacht und deren Missbrauch vorzugehen, gibt es in Europa eine weitere mächtige Institution, die sich einen sehr guten Ruf erworben hat: die Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission und ihre Leiterin Margrethe Vestager. Wenn eine der Ursachen für hohe Inflation wirklich Marktmacht ist, könnte der Wettbewerbskommissar dieses Problem viel effektiver behandeln als jede andere Institution. Also, Frau Lagarde und Frau Vestager, übernehmen Sie die Kontrolle!
Quelle: www.ipg-journal.de