Frau Ehm, wie ist die Bau & Biology GmbH entstanden und seit wann besteht das Unternehmen?
Ich bin diplomierter Biologe und Chemiker und wollte schon immer im Umweltschutz arbeiten, da mir der Ökologiegedanke schon immer wichtig war. Als Wissenschaftler habe ich mich jedoch nie in der Branche gesehen. Zuerst wollte ich mich in der Umweltberatung selbstständig machen, aber als ich viele Anfragen zum Thema Schimmelbekämpfung bekam, erfuhr ich, welche Weiterbildungsmöglichkeiten es gibt. In der Baubiologie habe ich gemerkt, dass Schadstoffe auch ein großes Problem sind, und deshalb kann ich auch den chemischen Gehalt mit einbeziehen. Und da ich als Baustellenbiologe arbeite, lag der Firmenname „Bau und Biologie“ sehr nahe.
Stellt man sich eine Baustelle vor, kommen einem nicht unbedingt die biologischen Aspekte in den Sinn. Wie lässt sich Biologie ins Bauen einbeziehen?
Sie können kombiniert werden, sofern die Biologie die Wissenschaft vom Leben ist. Und Sie leben etwa 90 Prozent Ihres Lebens in Innenräumen, dort verbringen Sie die meiste Zeit. Und Baubiologie ist sozusagen die Lehre von den Beziehungen des Menschen zu seiner gebauten Umwelt. Mein Vater hat auch eine Baufirma und das gab mir die Möglichkeit, ihn ein Jahr lang auf Baustellen zu begleiten, was ein großes Glück war. Auch hier wird deutlich, was umsetzbar und was nicht umsetzbar ist. Es kommt immer wieder vor, dass ich mit Architekten und Handwerkern zusammenarbeite. Das Ziel ist dann der perfekte Kompromiss und das Ergebnis und diese Zusammenarbeit sind immer wieder ein Highlight.
Welche Teilbereiche adressiert ein ganzheitlicher Ansatz der Baubiologie?
25 baubiologische Leitfäden gibt es, vom Raumklima über den geselligen Lebensraum bis zur Lebenspsychologie. Ich persönlich beschäftige mich mit Raumklima, Elektrosmog, Schadstoffen, Schädlingen und Schimmel. Da jedoch ökologische Aspekte eine wichtige Rolle spielen, nimmt auch die Beratung einen erheblichen Teil meiner Zeit ein. Es geht um die Materialauswahl oder allgemeine Hilfestellungen vor oder während der Bauphase im Hinblick auf ein gesundes ökologisches Leben.
In welchen Fällen fühlen Sie sich angezogen?
Ich hatte zum Beispiel einmal einen Fall, wo es im Haus ein Fliegenproblem gab. Da der Raum denkmalgeschützte Wandmalereien hatte, wurde ein Restaurator hinzugezogen. Die Frage war, ob das Insektizid mit den Farben reagieren könnte, also brachten sie mich. Der Schädlingsbekämpfer hatte bisher nur telefonisch Fliegenarten bestimmt, während ich vor Ort war, und dann die Tiere in meinem Labor bestimmt. Es stellte sich heraus, dass die Art zu 90 Prozent resistent gegen Insektizide ist. Daher wäre der Einsatz von Insektiziden nicht nur teuer, sondern wahrscheinlich auch nutzlos gewesen. Mit mechanischer Reinigung und diversen Insektennetzen ließ sich das Problem leicht lösen.
Ist die Artbestimmung also unerlässlich, wenn es um die Schädlingsbekämpfung geht?
Wenn möglich, schaue ich es mir immer auf der Website an. Ich kann zum Beispiel die Haare auf den Wangen von Ameisen nicht mit bloßem Auge zählen, aber darauf kommt es bei der Artbestimmung an. Wenn das nicht klappt, können mir die Leute die Tiere auch schicken. Wichtig ist, dass das Tier noch intakt ist – es wurde nicht in Papier eingewickelt, sondern am besten in einem Marmeladenglas gefangen. Es kommt immer darauf an, um welche Art es sich handelt. Denn nicht alle Ameisen sind gleich und nicht alle Käfer sind gleich.

Christine Ehm macht als Baubiologin solche Funde: einen Balken, der zehn Jahre lang von Wasser und Ameisen geschädigt wurde. | Bild: Bau und Biologie GmbH
Was sind die Ursachen für einen Schädlingsbefall?
In der Regel gibt es drei mögliche Ursachen: Ich habe einen Gebäudeschaden oder Tiere sind von außen hereingelaufen. Die dritte Variante ist Pech, aber das ist selten. Die hygienischen Aspekte sind eigentlich noch seltener. Es ist fast nie ein Hygieneproblem und Schädlinge sind meist ein Hinweis auf ganz andere Probleme, wie zum Beispiel Wasserschäden. Es ist auch wichtig zu wissen, dass Sie sich keine Sorgen machen müssen, wenn Sie zwei oder drei Haustiere zu Hause haben. Wirklich nur, wenn sie öfter vorkommen. Die Tierchen einzusammeln und in einem Marmeladenglas in den Gefrierschrank zu legen, kann mir später beim Identifizieren sehr helfen.
Sie machen sich auch Sorgen über Schimmelbildung in Wohnungen oder Häusern. Wie kommst du darauf?
Einerseits kann die Materialwahl ihren Beitrag leisten. Wenn ich in Form einer Holzstütze baue, sammelt sich natürlich weniger Flüssigkeit als wenn ich mit Ziegeln baue, weil ich hier noch Mörtel verwenden muss. Bis vor 100 oder 150 Jahren gab es die sogenannten Trockenbewohner. Sie lebten in den Häusern, bis sie vollständig vertrockneten. Auch ein vorzeitiges Schrumpfen kann diese Probleme verursachen.
Gibt es feuchtigkeitsableitende Materialien, die Sie empfehlen würden?
Ton ist eine gute Wahl in der Küche oder im Wohnzimmer, wo ein guter Geruch gewünscht und Feuchtigkeit benötigt wird. Ein Lehmputz muss sauber verarbeitet werden, das heißt die Schichten dürfen nicht zu dick aufgetragen werden. Kalkputz ist eine gute Alternative im Bad oder Schlafzimmer. Kalk puffert zusätzlich Feuchtigkeit und wenn er nass wird, trocknet er wieder aus. Schimmelpilze können sich hier nicht so leicht ansiedeln, da sich mit Feuchtigkeit das Milieu des Putzes verändert. Wenn der Putz nur bei einer Renovierung erneuert wird, muss man sich auch fragen, welche Materialien vorher verwendet wurden. Schadstoffe werden in der Regel erst bei der Entfernung freigesetzt und verbleiben dann in sanierten Räumen.
Kommen hier Ihre Messgeräte zum Einsatz?
Genau, da kommt meist die Messtechnik ins Spiel. Natürlich gibt es bestimmte Typologien von Gebäuden, von denen ich eine Ahnung habe. Wenn ich jetzt einen PVC-Bodenbelag oder Fliesenkleber aus den 1950er bis 1980er Jahren habe, kann dieser mit Asbest belastet sein. Das kann sein, muss aber nicht. Eine Sanierung ist in diesem Fall jedoch möglich. Auch mit Holzschutzmitteln belastete Dachstühle können zunächst versiegelt werden, was wohngesund und wohnlich gestaltet werden kann. Wenn ich Eternitplatten an der Außenseite eines Hauses aus den 60er, 70er oder 80er Jahren sehe, dann brauche ich dort keine Proben zu nehmen. Das wäre Geldverschwendung, denn es besteht eine sehr gute Chance, dass Asbest darin enthalten ist.
Allein die Bauindustrie ist für 40 Prozent der weltweiten Emissionen verantwortlich. Wie kann die Baubiologie helfen, sie zu reduzieren?
Ökologie ist natürlich ein wichtiger Teil der Baubiologie. Hier geht es darum, welche Baustoffe am wenigsten Schaden anrichten, welche Bauweise am umweltfreundlichsten ist und wo man vielleicht gar nicht dämmen muss. Wenn sich die Materialien gut recyceln lassen oder ich Energie aufwenden muss, um sie fachgerecht zu entsorgen. Hier kann die Baubiologie in den nächsten Jahren viel leisten.
Quelle: www.suedkurier.de