Mit der ES 700 und SM 700 bringt der Trial-Spezialist GasGas Enduro und Supermoto mit KTM-Technologie auf den Markt.
Die neuen Modelle basieren auf den technischen Plattformen der KTMs
Mit Ausnahme der Testmaschinen, die weiterhin in Spanien entwickelt und gefertigt werden (ab Sommer 2022 im neuen Werk in Terrassa bei Barcelona), basieren GasGas-Motorräder auf den technischen Plattformen der Schwesterfirmen KTM und Husqvarna. Modifizierte Kunststoffteile und andere Dekorationen machen aus einer orangen oder blau-gelben Maschine eine rote: Statt „Ready to Race“ oder „Discovery“ heißt es „Get on the Gas“.
Mit den bereits in Spanien vorgestellten GasGas ES 700 (Enduro Street) und SM 700 (Supermotard) will das Unternehmen ein neues Publikum ansprechen, etwas jünger und wilder, eher auf Augenhöhe mit dem amerikanischen Supercross-Star Justin Barcia: Look of a Surfer Junge mit langen blonden Haaren statt Geländesportler oder Abenteurer auf dem Weg zum Nordkap. Die Technik dafür ist bekannt und basiert auf den Supermoto-Modellen KTM SMC 690 und Husqvarna 701 mit dem serienstärksten Einzylinder-Viertaktmotor auf dem Markt, die 2007 ihr KTM-Debüt feierten.
Damals hatte der Eintopf noch 65 PS, heute sind es mit 692,7 ccm gut 10 PS mehr, bleibt also konkurrenzlos. Auch das komplette Fahrwerk und die Karosserie stammen aus dem Baukasten der KTM-Gruppe, während sich die technischen Änderungen an der Enduro nur auf die Farbgebung der Rahmen- und Karosserieteile beschränken, die nun in Rot präsentiert werden.
Die Speichenräder der Supermoto wurden gegen Gussfelgen getauscht und sie ist mit 148,5 Kilogramm Trockengewicht rund 1 Kilogramm schwerer als die Enduro-Version. Vorne kommt eine druck- und zugverstellbare WP Apex-Gabel mit 48 mm Standrohrdurchmesser und 215 mm Federweg zum Einsatz, hinten kommt ein WP-Stoßdämpfer mit 240 mm Hinterradfederweg zum Einsatz, der über einen Hebel an der Gussschwinge befestigt ist. Zur Verzögerung kommen vorn eine 320 mm große Bremsscheibe und ein Zweikolben-Faustsattel zum Einsatz, hinten ist eine 240 mm große Bremsscheibe mit Einkolben-Bremssattel verbaut. Reifendimensionen: 120/70 und 160/60.
Das Enduro wird vorne über eine WP XPLOR-Gabel aufgehängt, der Federweg beträgt vorne und hinten 250 mm, wodurch sich die schmale und sehr lange Sitzhöhe auf 93,5 cm erhöht. Die vordere Bremsscheibe hat einen Durchmesser von 300 mm, die hintere ist mit 240 mm identisch zur SM. Auf den Speichenrädern sind Conti TKC 80 Enduro-Reifen in den Größen 90/90 und 140/80 montiert.
Die „SM 700“ Supermoto erfordert eine aktive Fahrtechnik
Die Präsentation fand auf den Autobahnen und unbefestigten Straßen der Costa Brava statt, unweit des alten GasGas-Hauptwerks in Girona, das nicht mehr in Betrieb ist. Die Supermoto hat eine bequeme Sitzposition, und selbst Geschwindigkeiten von über 100 km/h auf der Autobahn machen dem Fahrwerk nichts aus. In langen, geraden Kurven ist die Maschine sehr stabil, allerdings sind trotz der elastischen Aufhängung des Lenkers an der oberen Gabelbrücke leichte Vibrationen an den Lenkerenden zu spüren. Der Motor überzeugt schon bei niedrigen Drehzahlen mit bärigem Drehmoment und steigt gleichmäßig und nachhaltig von Mitte bis Drehzahlbegrenzer an. Auf der kurvigen Küstenstraße nach Tossa del Mar lässt sich der Single ohne Gangwechsel fahren, allerdings muss man sich anstrengen, um mit den Mitstreitern mitzuhalten, die Maschine mit dem extrem sensiblen Vorderwagen erfordert eine sehr aktive Fahrtechnik. Hartes Bremsen, Kurven und Schräglagen bis die Bremsen bürsten, dann Vollgas aus der Kurve: Die Supermoto wird den Erwartungen an einen hochpräzisen Treffer mit harmonischer Abstimmung von Fahrwerk und Motor gerecht. Das sehr dynamische und überschaubare Fahrwerksdesign, das durch die breiten 120/70-17 Vorderreifen ein gewisses Eigenlenkverhalten entwickelt, mag nicht unbedingt jedem gefallen. Die Supermoto-Profis in unserer Gruppe jedenfalls waren mit diesem sportlichen Kit zufrieden und wurden am Ende der Runde vom ehemaligen Moto-GP-Fahrer Sete Gibernau auf dem internen Rundkurs bis auf die Zähne zusammengeschlagen.
Die Enduro „GasGas ES 700“ bietet echtes Rallye-Feeling im Offroad-Test
Auf der Anlage seines Cousins Miki Arpa, Enduro-Juniorenweltmeister von 1996, wurde dagegen die Enduro-Version von GasGas, die ES 700, getestet, die mit knapp 150 Kilogramm kein Leichtgewicht ist Einsatz im Gelände, aber der tiefe Schwerpunkt gepaart mit einem wunderbar ausbalancierten Fahrwerk machen die Fahrt durch die staubigen Waldwege der Costa Brava Region zu einem Rallye-Erlebnis. Tadellose Standfestigkeit, Federelemente mit der richtigen Progression in Verbindung mit gut einstellbaren Bremsen lassen genügend Reserven. Im Stand ist die Abgaskrümmerabdeckung auf der linken Seite etwas störend und auf der rechten Seite steht der Kupplungsdeckel sehr weit raus, was beim Fahren nicht unbedingt stört, aber die Abdeckung war nach ein paar hundert Kilometern schon sehr stark zerkratzt. Apropos Kritikpunkte: Die Übersetzungen der einzelnen Gänge sind bei beiden Maschinen gleich, nur die Sekundärübersetzung hat sich bei der Enduro mit größerem Ritzel geändert. In jedem Fall aber eine Kompromisslösung, die gerade in technisch anspruchsvollen Offroad-Passagen unschön ist, weil die ersten beiden Gänge einfach zu lang sind. Deshalb muss man ständig die Kupplung benutzen, um felsige Anstiege, Bachdurchquerungen oder Trial-Schotterpassagen im Schritttempo zu meistern.
In der letzten Motocross-Runde zusammen mit GasGas-Testimonial und Rallyefahrerin Laia Sanz (sie startete elf Mal bei der Dakar und überquerte die Ziellinie) überraschte die Wendigkeit der Maschine noch einmal.
Das Enduro kommt dem universellen Maschinenkonzept ziemlich nahe, das sowohl für Straße und Pendeln als auch für Offroad-Abenteuer perfekt geeignet ist. Aber es war an der Zeit, dass eine der 3 Marken mit diesem fantastischen Motor und dem präzisen Fahrwerk endlich eine echte Adventure-Variante herausbrachte, die dann dem perfekten Bike ziemlich nahe kommen könnte…
Quelle: www.motorradundreisen.de