jasinnlich, sinnlich, Schreker. Das gilt einmal mehr für die vierte seiner erfolgreichen Opern, Treasure Graves, mitten im Ersten Weltkrieg konzipiert und 1920 in Frankfurt uraufgeführt klangvolle erotische Ikone, die er gerne in mittelalterliche Kulissen setzte, als Musiktheater für eine neue bürgerliche Ära. In der man immer irgendwie stecken bleibt, die nie wirklich einen Höhepunkt erreicht, die provoziert, verführt, aber nie überläuft.
Und dann ist er an der richtigen Stelle Christoph Loy, dieser feinfühlige Opernanalytiker, der minimalistische Nüchternheit bevorzugt, der seiner souverän präzisen Person Sensibilität auf den Seziertisch legt. Ein Regisseur, der Sinnlichkeit immer mit Begründung findet, sich selten seinen Figuren hingibt und lieber hinterfragt wird.
Loy ist jetzt in der Deutsche Oper in Berlin Schrekers „Schatzgräber“, sicherlich mit Routine, aber auch mit Neugier, dabei Marc Alberto auf dem Podium kann die Lautstärke abziehen. Aber auch Albrecht tut es allein aus der Ferne. Irritierende Obertöne und Schwebungen werden strukturell abgestrahlt, bevor sie erstrahlen und glänzen dürfen. Als Zuhörer und Betrachter wird man streng kuratiert geführt, kann sich nicht im sinnlichen Klangzauber verlieren und behält stets einen klaren Kopf.
Christof Loy hatte bei seinen beiden letzten Jobs in Berlin einen heißen Lauf. Ebenso haben Sie Erich Wolfgang Korngolds „Helianes Wunder“ bereits als Gerichtssaal-Drama ohne jede Fantasie geknackt (und Albrecht lässt es immer noch glänzen). Bisher hat er während der Corona-Haft vor den Videokameras den symbolischen Verismus von Zandonais „Francesca da Rimini“ intellektualisiert (diesmal mit Carlo Rizzi auf dem Podium). Und auch heute noch ist Schrekers gelbliche Moral frei von allen wolkigen, märchenhaften Unschärfen, die in der Relevanzforschung brutal klar daherkommt.
traumatisierter Mörder
Johannes Leiacker stapelte viele Tonnen schwarzen Marmors aus der Reichskanzlei in sein asymmetrisch geschnittenes einheitliches Bühnenbild einer düster-strengen Empfangshalle, die hauptsächlich mit einem langen Tisch ausgestattet war. Und irgendwie faschistisch ist die Atmosphäre streng toxischer Männlichkeit.
Ein Gentlemen’s Club ist auf Stolz aufgebaut. Loy gestaltete dies als Gruppenporträt mit zwei seltsamen Damen: Die stumme Königin (Doke Pauweis), die sich schlank über die Möbel lehnt und seltsamerweise in Gefahr ist, zu verwelken und auszutrocknen, während ihr prächtiger Schmuck immer weniger schwindet. Und mit der Wirtstochter Els, die hier als Kellnerin aufwartet, denn Loy vereint die verschiedenen Schauplätze und Handlungsebenen an einem Ort, sodass sich auch weit entfernte Charaktere wie wahnsinnig in die Augen starren können.
Els, selbst schwer traumatisiert von ihrem brutalen Vater, ist ein Killer aus Gier nach den Juwelen der Regentin. Sie verführt die Männer, erlaubt ihnen, den gestohlenen Schmuck zu kaufen, und tötet dann die Männer für ihren Diener.
Der verzweifelte König (brennend vor Resignation: Tuomas Pursio) wiederum ließ sich von seinem Narren eine Laute als Schatzsucher empfehlen, der den Milzbrand bald wieder findet. Natürlich verliebt er sich in Els, die auch vom Narren begehrt wird. Els wird auch vom Gerichtsvollzieher (maßgebend: Thomas Johannes Mayer) verehrt, der sie verdächtigt, der Narr hinter den Morden zu sein.
Wieder einmal verfolgt Loy all diese abstrusen Wendungen der Handlung ernsthaft als „Tatort“-Inspektor. Und während das traumhaft gute und farbenprächtige Orchester der Deutschen Oper in seinen hormonellen Klangfluten vor allem in den langen Instrumentalpassagen des dritten Aktes stöhnt und stöhnt, brummt und flüstert, bleiben die Leads seltsam starr und steif.
Blut fließt, Juwelen werden gestohlen: „Der Schatzsucher“ von Franz Schreker
Quelle: Monika Rittershaus
Brillant ausdrucksstark übersetzt der brillant klingende Narr von Michael Laurenz Klang in Körpersprache. Els, Elisabet Strid, die ausgiebig prahlt und nie schreit, bleibt eine super unfreundliche Verführerin, mal im Abendkleid, mal in einer Dienstmädchenschürze, die alles verliert und tot im Salon landet. Unbeholfen zu spielen, unbeholfen sogar, umkreist der Narr das unwürdige Objekt seiner Begierde, aber Daniel Johanssons schwerblütiger Tenor durchschneidet die satten Klangmassen mit tristaneskem Triumph.
Im dritten Akt werden die stummen, gutaussehenden Charaktere von einem Rausch kalter Begierde mitgerissen und entfesseln eine filmische, sterbende Orgie in Zeitlupe, die zwischen Kubricks Beziehungsstudie „Eyes Wide Shut“ und „Twilight of the Gods“ angesiedelt ist. Die Verdammten“; allerdings ohne die Begierde von Cavanis „Nachtportier“-Hakenkreuz.
So rattert es sanft in den Niedergang, Goldgier als Metapher für die Abgründe des Instinkts: Es fehlt etwas wirklich Abgründiges, der Schrecken des Menschen als Wolf. Am schwingenden Henkersseil hängt kein gruseliger Opern-Zombie, dafür ist das Regiebesteck von Doktor Loy perfekt sterilisiert.
Quelle: www.welt.de