Den Wald an den Klimawandel anpassen und die Biodiversität erhalten: Das sind zwei große Herausforderungen, die Waldbesitzer in den kommenden Jahrzehnten bewältigen müssen. Gleichzeitig soll der Wald für sie wirtschaftlich nutzbar bleiben. Bei einem „Waldspaziergang“ in Grfendorf konnten sich die Teilnehmer selbst davon überzeugen, wie Ökonomie, Naturschutz und Ökologie vereint werden können.
Eingeladen hatte das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Karlstadt in Kooperation mit dem Forstbetrieb Juliusspital. „Naturschutz und Wirtschaftlichkeit lassen sich in einem Unternehmen und auf derselben Fläche umsetzen“, erklärte Matthias Wallrapp, Forstleiter der Stiftung Juliusspital, den Gästen. Mit einer Waldfläche von 3.350 Hektar ist die Stiftung einer der größten Forstbetriebe Bayerns.
Ökonomische Produktion von Holz und Totholz als miteinander verträglicher Lebensraum
Auf 70 Prozent der Waldfläche gibt es eine ständige natürliche Verjüngung von Laubholz, also von natürlich gewachsenen Buchen oder Eichen. Die neue Baumgeneration stellt eine gewisse Rückversicherung bei Sturm- oder anderen Schäden dar. Zudem gibt es an mehreren Stellen im Juliusspitalwald teilweise abgestorbene alte Bäume.
Anhand eines Zeitstrahls stellte Katja Sander vom AELF vor, welche Lebewesen und Tiere in einem Baumstamm während der Zersetzungsphase ihren Lebensraum finden. „Nachhaltige Holzproduktion und Totholzförderung müssen sich nicht ausschließen“, sagte er. So können beispielsweise Bäume mit schlechter Holzqualität und Lebensraumstrukturen für Vögel und andere Säugetiere im Wald verbleiben, während die schönen Stämme wirtschaftlich genutzt werden.
Wirtschaftlicher Ausgleich für Waldbesitzer mit Biotopbäumen
Typische Mikrolebensräume für die Lebewesen sind Höhlen, totes Holz in der Krone, Risse und abgebrochene Äste. Diese Bauwerke dienen Fledermäusen, Mittelspechten, Ameisen, Siebenschläfern, Mardern und einer Vielzahl von Insekten als Lebensraum. Teilweise werden diese Biotopbäume auch staatlich durch Naturschutzverträge gefördert; Daher können Waldbesitzer einen bestimmten finanziellen Ausgleich erhalten.
„Zur Biodiversität gehören auch die vielen Bodenlebewesen, denen früher weniger Aufmerksamkeit geschenkt wurde“, ergänzt Ludwig Angerer, Leiter des AELF. Deshalb rückt die bodenschonende Waldbewirtschaftung in letzter Zeit immer mehr in den Vordergrund. Das auf dem Waldboden zurückgelassene Totholz trägt zur Förderung der Biodiversität bei. Es bietet unter anderem einen Lebensraum für Pilze, Flechten, Moose, Farne und Insekten. Und der Humus auf dem Waldboden ist sehr wichtig, um Wasser zu speichern und Austrocknung entgegenzuwirken.
Die Wasserwirtschaft im Wald spielt eine immer wichtigere Rolle
Ein erträglicher Wildbestand ist laut Wallrapp auch für die Waldbewirtschaftung und den Waldnaturschutz von großer Bedeutung. Der Revierleiter präsentierte einen Fichtenbestand, der vor etwa 15 Jahren von einem Rothirsch gefällt worden war. Hier versucht die Stiftung mit jungen Buchen und Tannen eine Umstellung auf die Zukunftsforstwirtschaft zu vollziehen. Damit keine Pflanzen verstochen werden, ist dies nur mit einem Wildbestand möglich, der sich an das gesamte Gebiet angepasst hat: „Wir dürfen nur so viel Wild zulassen, wie der Wald wächst“, sagte Wallrapp.
„Das Wassermanagement im Wald wird in Zukunft viel wichtiger sein als noch vor vielen Jahren“, erklärte Wallrapp. Auch Feuchtbiotope spielen hier eine wichtige Rolle. Sie dienen dem Schutz von Amphibien wie dem Feuersalamander und der Gelbbauchunke. Gleichzeitig helfen Feuchtbiotope in Zeiten des Klimawandels, dass Niederschläge nicht schnell und großflächig abfließen, sondern in mehr oder weniger großen „Pfützen“ im Wald verbleiben.
Waldnutzung der Stiftung Juliusspital
Der Forstbetrieb der Juliusspital-Stiftung erhielt im Herbst 2021 den Bayerischen Naturschutzpreis „Naturschutzpartner Waldbesitz“. Die Auszeichnung würdigt das Engagement für die Erhaltung von Biotopbäumen und Totholz sowie weitere Erhaltungsmaßnahmen des Waldes.
Kurz darauf hielt das Juliusspital einen Vortrag im Rahmen der Seminarreihe „Leidenschaftlich Vielfältig“, die das Amt für Waldnaturschutz Unterfranken in Kooperation mit dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten in Karlstadt veranstaltet. Rund 600 Waldbesitzer nahmen an der Online-Veranstaltung teil, die nun mit einem Waldspaziergang für Interessierte abgeschlossen wurde.
Quelle: AELF und Juliusspital-Stiftung
Quelle: www.mainpost.de