Grunzen und Kreischen: Schweine stecken neugierig ihre Nasen aus offenen Ställen. Es ist 11 Uhr und Bio-Bauer Christian May sorgt dafür, dass alle Mastschweine pünktlich ihr Futter bekommen. Das ist heute besonders wichtig, weil sie abgelenkt werden müssen, wenn hier verschiedene Kunstwerke aufgestellt werden.
Der Aufbau ist nur während der Fütterungszeiten möglich.
So etwas haben diese Mastschweine auf dem Biobauernhof in Junkershausen noch nie erlebt: Kunst im Offenstall! Die Werke von 14 Künstlern wandern für einen Monat in den Schweinestall. Von witzig über provokativ bis zeitgemäß sollen Nachhaltigkeit, Umweltschutz und Tierhaltung im Fokus stehen. Kuratorin Sabine Bach hatte die Idee zu diesem ungewöhnlichen Projekt vor zwei Jahren und beteiligt sich selbst mit ihrer Arbeit „One Square Meter“. Bach spielt auf 0,75 auf einen Quadratmeter an. Der Platz, auf den Schweine in der konventionellen Mast Anspruch haben. Schweineteile stapeln sich wie Comics in zarten bis kräftigen Rosatönen übereinander.
„Das Tier als Individuum interessiert nicht, es geht darum, das Beste daraus zu machen. Einzelne Tiere fallen nicht mehr auf, sie verschmelzen zu einer Masse.“ Sabine Bach
Seine Arbeit hängt über den Schweinen im Stall und das eine oder andere Tier hebt verwundert den Kopf, frisst dann aber doch lieber weiter. Bei Biobauer Christian May hat ein Schwein im Mastbereich 3,8 Quadratmeter Platz. Das ist ein guter Quadratmeter mehr als die Bio-Verordnung.
Zurück zuhause
Sabine Bach hat nach fast 40 Jahren im In- und Ausland den Weg zurück in ihre Heimat gefunden. Sein Atelier hat er in einer alten Bäckerei in Heustreu eingerichtet. Er arbeitet immer an mindestens vier Theaterstücken gleichzeitig. Leinwände sind möglicherweise nicht groß genug für Ihre Acryl- und Kreidearbeiten. Die Übereinstimmung der Farben untereinander, die daraus resultierende Energie und die Ausdrucksmöglichkeiten faszinieren Bach. Seine Werke zeigen seine Vision von Mensch, Natur, Welt und Leben: liebevoll, satirisch, ohne zu verherrlichen. Die fränkische Landschaft bietet Ihnen Inspiration, die Menschen feiern das Leben. Die Künstlerin wurde von ihren polnischen Wurzeln geprägt. „Meine Kindheit verbinde ich mit viel Musik, viel Farbe und viel Freude, Lachen und gemeinsamem Singen“, sagt Sabine Bach. Diese farbenfrohe und unbeschwerte Kindheitserinnerung spiegelt sich auch in den Leinwänden wider.
ungewöhnliches Kunstprojekt
Das Projekt unARTig #1 ist die Idee von Sabine Bach. Die Vernetzung von Künstlern, die kreative Kombination unterschiedlichster Fähigkeiten in gemeinsamen Projekten ist ihm eine Herzensangelegenheit. Mit der ersten Veranstaltung „Kunst im Schweinestall“ geht Sabine Bachs lang gehegter Wunsch in Erfüllung, anspruchsvolle Kunst an ungewöhnlichen Ausstellungsorten zu präsentieren. Diese Idee entstand zunächst durch seine eigene Arbeit und führte schließlich zur Entwicklung einer Veranstaltungsreihe, die grundsätzlich als Gruppenausstellung konzipiert war und allen künstlerischen Genres offenstehen sollte.
Ein wichtiger Aspekt bei der finalen Auswahl der Arbeiten für unARTig #1 war die klare – bewusst breit angelegte – thematische Auseinandersetzung mit den Ausstellungsbedingungen eines Biobauernhofes und all seinen Aspekten. Aus allen Bereichen der Bildenden Kunst sind sehr unterschiedliche Arbeiten entstanden: ua Skulptur, Fotografie, Objektkunst, Malerei, Illustration.
international ausgezeichnet
Auch der international bekannte Künstler Marco Wagner stellt im Schweinestall aus. Als Illustrator arbeitet er unter anderem für die New York Times, Cicero und den Playboy. Laut Lürzers Archiv gehört Wagner seit zehn Jahren zu den 200 besten Illustratoren der Welt.
Alles ist möglich!
Marco Wagner ist mit seinem Werk „Schweinehund“ nun auch im Schweinestall Junkershausen vertreten. Wagner konfrontiert den Betrachter damit, wie das eigene schwächere Ich aussehen könnte. „Man muss darüber hinwegkommen, und wenn man genau hinschaut, hat mein Bastard auch ein oder zwei Holzbeine, da ist alles möglich!“ Wagner findet Inspiration für seinen floralen Stil in seiner Wahlheimat in der bayerischen Rhön lebt mit seiner Familie auf dem Land.In seiner freiberuflichen Tätigkeit beschäftigt sich Marco Wagner viel mit seiner Kindheit und dem Aufwachsen in einer fränkischen Kleinstadt.Tradition, Landleben oder auch Religion spielen oft eine große Rolle, ebenso wie die Verletzlichkeit der Menschen in einer vermeintlich schützenden Umgebung.
mehr als Schwein
Fotografien von Markus Büttner hängen neben den Arbeiten von Marco Wagner. Zum Beispiel ein neugeborenes Ferkel mit faltiger Schnauze, das in einem Netz aufgezogen wird, um den Stift zu füllen. Büttner will den Schweinen Persönlichkeit verleihen, sie wertschätzen und sie als viel mehr darstellen, als sie in der Gesellschaft gewöhnlich sind: wertlose Objekte. „In unserer Region gibt es qualitativ hochwertige künstlerische Arbeit. Mit der Zusage der teilnehmenden Künstler zeigen wir, wie zeitgemäß und lebenswert unsere Heimat dargestellt wird“, freut sich Kuratorin Sabine Bach. Rund hundert Gäste nahmen an der Eröffnung teil. Bachs Konzept, zwischen Strohhalm und Bioschwein neue Formen und Farben zu platzieren, scheint aufzugehen.
Die Ausstellung, die ausschließlich im Freien stattfindet, kann bis zum 29. Mai 2022 jeden Samstag und Sonntag von 11 bis 18 Uhr besucht werden.
„Hier ist Bayern“: Der BR24-Newsletter informiert Sie auf einen Blick über die wichtigsten Dinge des Tages, von Montag bis Freitag nach der Arbeit, kompakt und direkt in Ihr privates Postfach. Hier anmelden!
Quelle: www.br.de